Eltern-Kind-Therapie bei ADHS und Sozialverhaltensstörungen

Die Probleme von Kindern mit ADHS und Sozialverhaltensstörungen (Wutausbrüche, aggressives Verhalten, starke Unruhe, Impulsivität) treten auch oder gerade in der Interaktion mit den Bezugspersonen auf.

 

Wirksame Therapie-Ansätze richten sich nicht an die Kinder und Jugendlichen alleine, sondern im wesentlichen sind es die Bezugspersonen, die an Veränderungen arbeiten müssen. Die konstante Umsetzung der Methoden im Alltag durch die Eltern, Lehrer, Erzieher ist entscheidend für den Therapieerfolg. Ohne die tägliche praktische Anwendung kommt es leider nur selten zu Verbesserungen.

 

Um die verhaltenstherapeutischen Maßnahmen zu verstehen, ist es hilfreich, die Grundlagen der Verhaltenstherapie zu kennen. Stark verkürzt gesagt: Durch die Anwendung der Lerntheorien sollen problematische Verhaltensweisen verändert werden. Zum einen kann man die vorausgehende Situation verändern, in der das Problemverhalten des Kindes / Jugendlichen auftritt. Zum anderen kann man die Konsequenzen verändern, die auf ein Verhalten folgen.

Das Eltern-Kind-Programm nach THOP

THOP ist die Abkürzung für das Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten. Es ist das Standardwerk für die Behandlung von ADHS und Sozialverhaltensstörungen. Hier eine kurze Inhaltsangabe des Vorgehens nach THOP:

 

(1) Die Eigenschaften des Kindes, der Mutter und des Vaters werden besprochen. Außerdem werden die familiären Probleme gesammelt (z.B. Probleme in der Partnerschaft, finanzielle Probleme).

 

(2) Antworten werden erarbeitet auf die Frage: Warum hat das Kind Verhaltensprobleme? Ein individuelles Modell wird erstellt über die Verursachung des Problemverhaltens. Außerdem werden Informationen vermittelt über ADHS im Allgemeinen (Psychoedukation).

 

(3) Es wird definiert, welche konkrete Verhaltensweisen genau verändert werden sollen. Dann werden dazu passende konkrete Zielverhaltensweise festgelegt.

 

(4) Die Eltern lernen, das Kind von der positiven Seite zu betrachten.

 

(5) Die Eltern lernen, mit dem Kind so zu spielen, dass es Spaß hat.

 

(6) Die Eltern lernen, Familienregeln so aufzustellen, dass sie wirksam sind. Außerdem lernen die Eltern, Regeln und Aufforderungen von Bitten zu unterscheiden.

 

(7) Mit den Eltern wird besprochen, wie sie Aufforderungen so formulieren, dass sie wirksam sind.

 

(8) Die Bezugspersonen werden ermutigt, zu loben, wenn eine Aufforderung befolgt wurde.

 

(9) Außerdem lernen sie zu loben, wenn das Kind sich selbständig beschäftigt.

 

(10) Für manche Eltern ist es wichtig, dass sie den Überblick behalten - wo das Kind sich aufhält und was es macht.

 

(11) Die Bezugspersonen lernen, natürliche negative Konsequenzen zu setzen wenn Aufforderungen oder Regeln nicht befolgt werden.

 

(12) Ein Punkte-Plan wird erarbeitet mit den wichtigsten Verhaltensweisen im Alltag und den damit verknüpften Konsequenzen.

 

(13) Die Überarbeitung des Punkte-Plans kann nach einiger Zeit notwendig werden, damit er nicht an Attraktivität für das Kind verliert.

 

(14) Ein Wettkampf um lachende Gesichter ist eine weitere Möglichkeit, systematisch Anreize für Kinder zu organisieren, damit sie sich unproblematischer verhalten.

 

(15) Die Eltern lernen, wann und wie eine Auszeit sinnvoll eingesetzt werden kann.

Tripple P

Um einen Eindruck vom Tripple-P-Ansatz zu bekommen sind hier einige Stichpunkte aus dem Elternarbeitsbuch genannt. Innerhalb von 10 Wochen erfahren Eltern von verschiedenen Themen und sollen dazu praktische Übungen durchführen: Positive Erziehung, Förderung der kindlichen Entwicklung und der Selbstkontrolle, Einsatz von Erziehungsroutinen, Vorausplanen, Einsatz von Aktivitätenplänen.

 

Es wird betont, wie wichtig positive Zuwendung für Kinder ist. Wenn Eltern ihrem Kind Aufmerksamkeit schenken, signalisieren sie, dass ihnen das Verhalten des Kindes gefällt. Dadurch wird das Kind mit größerer Wahrscheinlichkeit das Verhalten erneut zeigen. Außerdem wird sehr empfohlen, dass Eltern sich konsequent verhalten, d.h. sofort und in jedem Fall auf unangemessenes Verhalten (auf eine bestimmte, geplante Weise) reagieren.

 

Ein Erklärungmodell für das Verhalten von Kindern wird vermittelt, das aus genetischen, familiären und gesellschaftlichen Faktoren besteht. Die familiären Faktoren sind veränderbar - daher werden diese genauer besprochen. Dazu zählt, dass problematisches Verhalten "versehentlich" belohnt wird durch die Eltern: Indem die Eltern besonders intensiv das Kind beachten, wenn es sich unangemessen verhält. 

 

Zwei Eskalationsfallen werden geschildert: Das Nachgeben der Eltern wenn ein Kind sich vehement weigert, etwas zu tun - dadurch wird das Kind belohnt. Das Kind lernt, sich zunehmend aggressiver zu verhalten. Die zweite Falle ist diese: Wenn Eltern zunächst ruhig eine Aufforderung stellen (die nicht befolgt wird), dann aber immer lauter werden. Das Kind lernt, dass es die Eltern immer nur beachten muss, wenn diese schon am Brüllen sind und sonst nicht.

 

Wenn dann noch das hilfreiche, erwünschte, unproblematische Verhalten eines Kindes nur selten beachtet oder sogar ignoriert wird: Dann lohnt sich dieses Verhalten für das Kind nicht. Das Kind lernt stattdessen: Sich "daneben zu benehmen" ist die einzige oder wirksamste Form, um beachtet zu werden.