Psychiatrische häusliche Krankenpflege

Die Häusliche Krankenpflege-Richtlinie ermöglicht es, Psychotherapeut*innen eine psychiatrische häusliche Krankenpflege zu verordnen.


Das Problem

Es besteht "eine ähnliche Problematik wie bei der Soziotherapie: In einer ganzen Reihe von Versorgungsgebieten gibt es keine Anbieter für die häusliche psychiatrische Pflege", berichtet die Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV).

 

Manche meiner Patient*innen hatten einen Anspruch auf Soziotherapie - nachdem ich viele Stunden recherchiert habe bei Krankenkassen, Berufsverbänden usw., musste ich aber aufgeben: Es gibt niemanden, der im Umkreis um meine Praxis Soziotherapie durchgeführt hat.


Abgrenzung Soziotherapie von häuslicher psychiatrischer Krankenpflege

Es gibt manche Parallelen und Überschneidungen von Soziotherapie und häuslicher psychiatrischer Krankenpflege (Rühl 2021). Unterschiede sind:

  • Die Soziotherapie richtet sich an Menschen, die grundlegende Angelegenheiten selbst noch erledigen können und denen vor allem soziale Kompetenzen und Kontakte fehlen. 
  • Die häusliche psychiatrische Krankenpflege fokussiert mehr auf grundlegendere Probleme von Patient*innen in der Lebensführung.

Patient*innen-Gruppen

Die Patient*innen-Gruppen, für die eine häusliche psychiatrische Krankenpflege verordnet werden können, sind in der Anlage der Richtlinie definiert (Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege: Nr. 27a). Vereinfacht gesagt, sind das:

  • Bestimmte organische psychische Störungen (F0 ICD-10) wie die Demenz bei Alzheimer-Krankheit
  • Bestimmte psychotische Störungen wie die Schizophrenie (F20 ICD-10)
  • Bestimmte affektive Störungen wie die manische Episode (F30 ICD-10) / bipolare affektive Störung
  • Bestimmte affektive Störungen wie die schwere depressive Episode (F32.2 ICD-10)
  • Bestimmte Angststörungen wie die Panikstörung (F41.0 ICD-10), Generalisierte Angststörung (F41.1 ICD-10), Zwangsstörung mit Zwangshandlungen (F42.1 / F42.2 ICD-10)
  • Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1 ICD-10)
  • Schwere psychische Verhaltensstörung im Wochenbett (F53.1 ICD-10)
  • Emotional instabile Persönlichkeitsstörung / Borderline-Persönlichkeitsstörung (F60.3 ICD-10)

Dabei gilt ein Orientierungswert im Rahmen der Global Assessment of Functioning (GAF)-Skala von 40 (höchstens ≤ 50).


Ausnahmen bei den Patient*innen-Gruppen

Nur in begründeten Einzelfällen kann auch bei anderen psychischen Störungen mit Behandlungsbedürftigkeit eine psychiatrische häusliche Krankenpflege verordnet werden:

  • Beeinträchtigungen der Aktivitäten (Fähigkeitsstörungen) liegen in einem Maß vor, dass das Leben im Alltag nicht mehr selbständig bewältigt oder koordiniert werden kann, bei einem GAF-Wert von ≤ 40, und
  • Patient*innen verfügt über eine ausreichende Behandlungsfähigkeit, um im Pflegeprozess die Beeinträchtigungen der Aktivitäten (Fähigkeitsstörungen) positiv beeinflussen und die mit der Behandlung verfolgten Therapieziele erreichen zu können.

Ziele

Ziele der häuslicher Krankenpflege sind das Vermeiden eines Krankenhausaufenthalts, das Ermöglichen ambulanter ärztlicher Behandlung und die Sicherstellung der Versorgung bei schwerer Krankheit.

 

Das Ziel der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege, ist im Besonderen, dazu beizutragen, dass Patient*innen soweit stabilisiert werden, dass sie ihr Leben im Alltag im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbständig bewältigen und koordinieren können und Therapiemaßnahmen in Anspruch nehmen können (§4 Abs. 2 Häusliche Krankenpflege-Verordnung).


Bezugspersonen von Patient*innen

Relevante Bezugspersonen von Patient*innen werden einbezogen und angeleitet im Umgang mit der Erkrankung, soweit notwendig und erwünscht.


Verordnung ausstellen

Die Verordnung erfolgt einerseits auf Muster 12, berichtet die KBV. Psychotherapeut*innen müssen...

  • Die "Einschränkungen, die häusliche Krankenpflege erforderlich machen" angeben (z.B. wenn Medikamente nicht regelmäßig eingenommen werden können oder Arztbesuche unmöglich sind).
  • Im Bereich "Sonstige Maßnahmen der Behandlungspflege" ist einzutragen "nach Nr. 27a". Die Häufigkeit ist einzutragen (z.B. 7 Einheiten wöchentlich). Verordnungsfähig sind bis zu 14 Einheiten pro Woche.

Die zweite Seite von Muster 12 ist der Antrag von Patient*innen.

 

Andererseits ist der von Psychotherapeut*innen erstellte Behandlungsplan Bestandteil der Verordnung. Der Behandlungsplan umfasst:

  • die Indikation,
  • die Beeinträchtigungen der Aktivitäten (Fähigkeitsstörungen),
  • die Zielsetzung der Behandlung und
  • die Behandlungsschritte (Behandlungsmaßnahmen, -frequenzen und -dauer)

Der Krankenkasse ist der Behandlungsplan vorzulegen (§4 Absatz 7 Häusliche Krankenpflege-Verordnung).