Sprechstunde

In der psychotherapeutischen Sprechstunde geht es darum, festzustellen, ob eine behandlungsbedürftige psychische Störung vorliegt.

 

Wenn es Arztbriefe oder Befunde gibt von früheren Untersuchungen oder Behandlungen, ist es sehr wichtig, dass du sie alle zur Sprechstunde mitbringst.


Was ist eine psychische Störung?

Man spricht von einer psychische Störung, wenn...

  • ...verschiedenen Krankheitssymptome auftreten. Für Psychotherapeuten bindende Kriterien stammen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der ICD-10 (International Classification of Diseases, 10. Ausgabe).
  • ...Betroffene dadurch aktuell in einem Leidenszustand sind oder
  • ...Betroffene dadurch mehrere Beeinträchtigung haben in einem oder mehreren wichtigen Funktionsbereichen (z.B. in der Schule / am Arbeitsplatz).

Wann ist eine psychische Störung behandlungsbedürftig?

Eine psychische Störung ist nicht automatisch behandlungsbedürftig (Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie). Eine Behandlungsbedürftigkeit besteht, wenn zwei weitere Kriterien vorliegen:

  1. Krankheitswertigkeit der psychischen Störung: Eine psychische Störung hat Krankheitswert, wenn sie deutlich die normale Lebensführung der Person, ihre berufliche oder schulische Leistung oder soziale Aktivitäten und Beziehungen einschränkt oder wenn sie der Person erhebliches Leiden verursacht.
  2. Vorhandensein einer Behandlungsmethode, welche wissenschaftlich belegt (evidenzbasiert) eine Besserung oder Heilung der Störung wahrscheinlich macht.

Diagnostik

"Eine umfassende valide und reliable Diagnostik der psychischen Symptomatik zu Beginn einer Behandlung ist für die Indikationsstellung und Therapieplanung unerlässlich" (AWMF 2018)


Diagnostische Methoden


Damit ich ein möglichst umfassendes Verständnis bekomme von deiner Problematik, stelle ich dir gezielt Fragen zur momentanen Situation und zur Vorgeschichte in der Exploration und Anamnese-Erhebung. Eine systematische und standardisierte Erhebung ist wichtig, damit nicht drei verschiedene Psychotherapeut*innen zu drei verschiedenen Diagnosen kommen. Wichtig ist deshalb die Durchführung eines strukturierten Interviews.


Fragebögen: Du bekommst Fragebögen, bei denen du dich selbst einschätzt (Selbstbeurteilung). Da die psychische Gesundheit eng verknüpft ist mit dem sozialen Umfeld, bekommen auch Eltern, Lehrer*innen und Erzieher*innen Fragebögen (Fremdbeurteilung).

 

Bei allen wissenschaftlichen Fragebögen gibt es eine Normierung. Damit können wir deine Antworten statistisch mit einer repräsentativen Stichprobe vergleichen.


Testverfahren: Ein Test kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn du Probleme mit deinen Schulleistungen hast. Tests gibt es bezüglich der allgemeinen Begabung (Intelligenztest) und für bestimmte Fertigkeiten wie Lesen, Rechtschreibung oder Rechnen.

 

Aus Gründen der Qualitätssicherung in der psychologischen Diagnostik nutze ich z.B. keine projektiven Testverfahren wie "Familie in Tieren" und beachte die Testrezensionen des Leibniz-Institut für Psychologie.


Dokumente für Patient*innen am Ende der Sprechstunde

Du bekommst eine "Individuelle Patienteninformation"

Am Ende der Sprechstunde bekommst du von mir das Formular individuelle Patienteninformation. Dort findest du das Ergebnis der Diagnostik: Ob eine psychische Erkrankung bei dir vorliegt. Zusätzlich findest du Empfehlungen.


Du bekommst das "Informationsblatt über ambulante Psychotherapie"

In der Sprechstunde bekommst du außerdem das Informationsblatt über die ambulante Psychotherapie. Wenn du es gelesen hast, kannst du gerne danach diese Quizfragen beantworten und dein Wissen überprüfen.


Wenn keine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vorliegt

Wenn keine psychische Erkrankung nach den Kriterien der WHO bei dir vorliegt, ist das natürlich erst einmal gut.

 

Du hast aber vielleicht trotzdem den Eindruck, dass du Unterstützung brauchst. Dann berate ich dich, welche weiteren Hilfen für dich passend sein könnten. Vielleicht kann dir geholfen werden, indem du in deiner Schule mehr Unterstützung bekommst durch die schulpsychologische Beratungsstelle oder deine Eltern mit dir neue Regeln für das Zusammenleben erarbeiten in der Erziehungs- und Familienberatungsstelle. Für Eltern, die Schwierigkeiten in der Erziehung mit ihrem Kind oder Jugendlichen haben, kann eine Hilfe zur Erziehung die beste Unterstützung sein.


Wenn eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vorliegt

Wenn eine psychische Erkrankung vorliegt, besprechen wir deine Situation:

  • Wir klären, ob eine ambulante Psychotherapie für dich eine geeignete Hilfe ist. Dazu müssen wir die Indikationen und Kontraindikationen klären im Rahmen der Probatorik. "Die Rechtfertigung für die Einleitung einer Psychotherapie ergibt sich nicht aus dem aktuellen Krankheitszustand, sondern aus der Prognose. Eine Prognosebegründung kann aber nicht aus den persönlichen Hoffnungen von Patient und Therapeut abgleitet werden" (Linden & Hautzinger 2015).
  • Wir klären, ob eine medikamentöse Behandlung sinnvoll oder notwendig ist.
  • In der gesetzlichen Krankenversicherung gilt der Grundsatz: "Ambulant vor stationär". In den meisten Fällen können psychische Erkrankungen ambulant behandelt werden. Es gibt aber Situationen, in denen eine stationäre Therapie in einer Klinik oder eine teilstationäre Therapie in einer Tagesklinik notwendig sind: Zum Beispiel wenn eine so schwerwiegende Einschränkung vorliegt, dass du den Alltag nicht mehr bewältigen kannst oder bei einer hohen Gefährdung für dich oder andere. Eine teilstationäre Therapie den Vorteil, dass das soziale Umfeld, das oft entscheidend ist für die Besserung einer psychischen Erkrankung, mehr einbezogen werden kann: Die Eltern und die Schule.
  • Wenn du durch deine Erkrankung sehr eingeschränkt bist, kannst du einen Anspruch auf eine Eingliederungshilfe haben.

Wenn du eine Psychotherapie in einem anderen Therapieverfahren machen möchtest (z.B. tiefenpsychologische Therapie), müsstest du nach anderen Psychotherapeutin*innen suchen. Die evidenzbasierten Leitlinien zeigen, dass eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie z.B. bei Depressionen ähnlich wirksam sein kann wie eine kognitive Verhaltenstherapie; bei ADHS oder Sozialverhaltensstörungen wurde aber keine Wirksamkeit nachgewiesen für tiefenpsychologische Behandlungen.


Literatur & Medien für Patient*innen

Hier findest du Beispiele für Medien über Psychotherapie.

 

Die KVT ist eine Selbstmanagementtherapie, also eine Hilfe zur Selbsthilfe. Dazu benötigst du möglich umfassende Informationen zur Entstehung und Aufrechterhaltung der psychischen Erkrankung und darüber, welche Verhaltensänderungen nötig sind zur Reduktion der Erkrankung. Das Lesen geeigneter Ratgeber ist daher eine eigenständige und sehr wichtige Methode der KVT: Sie wird Bibliotherapie genannt.

 

Bundespsychotherapeutenkammer: (PDF) Wege zur Psychotherapie  | www.wege-zur-psychotherapie.org

 

Ratgeber Kinder- und Jugendpsychotherapie: In dieser Reihe gibt es Ratgeber z.B. zu ADHS, Soziale Angst oder Schlafstörungen.

 

Los geht's: Aktiv warten auf den Therapieplatz (Frank Wendrich)

 

Psychotherapie. Chancen erkennen und mitgestalten (Verbraucherzentrale)

 

Deutschlandfunk Kultur: Therapieland: Die Journalistin Pia Rauschenberger und der Verhaltenstherapeut Thorsten Padberg erzählen in sechs Episoden Geschichten über Psychotherapie.

 

The Happiness Lab: In diesem Podcast der Harvard-Psychologie-Professorin Laurie Santos geht es um das Glück. Neben der Psychologie geht es dabei auch um Philosophie.

 

Wackelpeter & Trotzkopf. Hilfen für Eltern bei ADHS-Symptomen, hyperkinetischem und oppositionellem Verhalten (Manfred Döpfner et al.)

 

Wegweiser Verhaltenstherapie (F.H. Kanfer, D. Schmelzer)

 

Cognitive Behavioral Therapy: Techniques for Retraining Your Brain (J.M. Satterfield).

 

Wissenschaftlichen Leitlinien: Diese sind öffentlich verfügbar. Manche Leitlinien sind nicht nur für Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen geschrieben, sondern es gibt auch für Patient*innen ("Patientenleitlinie"). Siehe: Über mich > Wissenschaft