Kindeswohl

Der Begriff Kindeswohl ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Er muss fachgerecht nach den juristischen Auslegungsregeln definiert werden: Das sind die wörtliche, historische, gesetzessystematische und teleologische Auslegung. Die Auslegung des Begriffes "Kindeswohl" (z.B. durch den Allgemeinen Sozialen Dienst / das Jugendamt) unterliegt der unbeschränkten gerichtlichen Kontrolle.

 

Um zu verstehen, wann das Wohl eines Kindes gesichert und wann es gefährdet ist, muss man wissen, was Kinder für ihr Wohlergehen brauchen. Ein Grundbedürfnis von Kindern und Jugendlichen ist zum Beispiel dasjenige nach beständigen liebevollen Beziehungen.

 

Das Kindeswohl ist der Orientierungsmaßstab für Eltern. An ihm müssen sich Eltern z.B. auch bei einer Trennung oder Scheidung orientieren.


Inhalt und Grenzen der Personensorge

Eltern haben nach Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz das Recht und die Pflicht, sich um die "Pflege" und die Erziehung ihres Kindes zu kümmern. Wesentliche Aufgaben von Eltern finden sich in § 1631 BGB:

  1. Pflege des Kindes: Eltern müssen sich um die körperlichen Bedürfnisse des Kindes kümmern (Hygiene, Ernährung, Bekleidung) und um das geistige und seelische Wohl des Kindes.
  2. Erziehung des Kindes: Eltern müssen sich um die sittliche, geistige und seelische Entwicklung des Kindes kümmern und dem Kind ermöglichen, sich zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft zu entwickeln.
  3. Beaufsichtigung des Kindes: Eine Beaufsichtigung ist notwendig zum Schutz vor einer Gefährdung durch sich selbst oder andere.

Unterschiede zwischen dem Jugendhilfesystem und dem Gesundheitssystem

Wenn es um die Auslegung des Begriffes "Kindeswohl" geht, komme ich teilweise zu einem anderen Ergebnis als der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) im Landkreis Oder-Spree. Außerdem unterscheidet sich die Arbeitsweise des Jugendamtes teilweise stark von der Arbeitsweise anderer Jugendämter, die ich kenne.


Allgemein gesprochen, gibt es diesen Unterschied zwischen dem Jugendhilfesystem und der evidenzbasierten Psychotherapie: Evidenzbasierung bedeutet, dass empirische Erkenntnisse zur Grundlage gemacht werden für die Diagnostik und für die Behandlungsmaßnahmen. So steht bei der Diagnostik nicht der subjektive Eindruck im Vordergrund (wikipedia.org/wiki/validität), sondern zum Beispiel die epidemiologische Forschung über Risikofaktoren (www.leitbegriffe.bzga.de). Auch für die Behandlungsmaßnahmen gibt es Leitlinien, die jeder öffentlich einsehen kann (www.awmf.org). In der Sozialen Arbeit steht dagegen das individuelle "Fallverstehen" im Vordergrund, das sich deutlich von Person zu Person unterscheiden kann.

 

Im Multiaxialen Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters nach ICD-10 (MAS) werden auf Achse 5 bestimmte "assoziierte aktuelle abnorme psychosozialen Umstände" diagnostiziert. Dazu gehört z.B. die „Feindliche Ablehnung oder Sündenbockzuweisung gegenüber dem Kind“, die elterliches Verhalten auch "in Form von psychischer Misshandlung" umfassen kann. Im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) findet sich im Kapitel „Andere klinisch relevante Probleme“ die Kategorie "Missbrauch, Misshandlung und Vernachlässigung“.

 

Wann habe ich gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung eines Jugendlichen dem ASD mitgeteilt? Ein Beispiel: Ein Jugendliche mit einer Störung des Sozialverhaltens zeigt ein anhaltendes Muster von dissozialem und schwerem aggressivem Verhalten sowie von schädlichem Gebrauch multipler Drogen. Es liegt eine Kumulation von psychosozialen Risikofaktoren vor, definiert durch das Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Unzureichende elterliche Aufsicht und Steuerung (Z62.8 ICD-10), Abweichende Elternsituation (Z60.1 ICD-10), Verlust einer liebevollen Beziehung (Z61.0 ICD-10).


Gefährdung des Kindeswohls

Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor bei einer gegenwärtigen, in einem solchen Maß vorhandenen Gefahr, dass in der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung des Kindes mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist.

 

An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je schwerer der drohende Schaden wiegt.

 

Dabei muss eine Schädigung nicht schon eingetreten sein. Andererseits beweist eine vereinzelt gebliebene aufgetretene Schädigung alleine noch keine Kindeswohlgefährdung im o.g. rechtlichen Sinn.

 

Ein Beispiel für das Recht eines Kindes, findet sich in §1631 Abs. 2 BGB: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“


Formen der Kindeswohlgefährdung

1. Vernachlässigung

Unterschieden werden können zwei Arten von Vernachlässigung:

 

(1) Unterlassende Fürsorge:

Emotionale Vernachlässigung.

Körperliche Vernachlässigung (in den Bereichen Ernährung, Kleidung, Hygiene usw.).

 

(2) Vernachlässigung durch unterlassene Beaufsichtigung des Kindes.


2. Emotionale bzw. psychische Misshandlung

Damit gemeint ist die Beeinträchtigung und Schädigung der Entwicklung von Kindern aufgrund von Ablehnung, Verängstigung, Terrorisierung und Isolierung (Deegener 2005: Formen und Häufigkeiten der Kindemisshandlung) (Deegener 2012: Kindesmisshandlung: Formen, Häufigkeiten, Ursachen und Folgen). Diese Form der Schädigung findet meistens nicht über ein einzelnes Ereignis statt, sondern durch ein chronisch-persistierendes Auftreten im Alltag des Kindes.

 

Die American Professional Society on the Abuse of Children (APSAC) versteht darunter Verhalten von Eltern oder anderen Bezugspersonen, die dem Kind vermitteln, wertlos, fehlerbehaftet, ungeliebt oder ungewollt zu sein. Unterschieden werden diese Formen:

  • Feindselige Ablehnung, z.B. indem das Kind bloßgestellt oder gedemütigt wird.
  • Terrorisieren, z.B. indem Gewalt angedroht wird.
  • Isolieren durch unangemessene Beschränkung der Interaktion und Kommunikation mit anderen.
  • Korrumpieren, das heißt Förderung von unangemessenem Verhalten wie z.B. antisoziales Verhaltens (kriminelles Verhalten, Drogenmissbrauch usw.) oder entwicklungsunangemessenes Verhalten (Parentifizierung usw.).
  • Verweigerung von emotionale Responsivität bzw. Ignorieren des Kindes, indem z.B. keine Zuneigung, Fürsorge und Liebe dem Kind gezeigt wird.

In diesem Zusammenhang sind bestimmte Verhaltensweisen von Eltern (§171 StGB) und Erziehern (§225 StGB) nicht erlaubt.


3. Körperliche Misshandlung

Anwendung von körperlicher Gewalt gegen das Kind.


4. Sexueller Missbrauch


Folgen von Vernachlässigung und Misshandlung

Durch Vernachlässigung und Misshandlung kann die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen stark negativ beeinflusst werden. Es können soziale, emotionale und kognitive Beeinträchtigungen die Folge sein. Diese Beeinträchtigungen wiederum steigern die Wahrscheinlichkeit für Erkrankungen, Behinderungen und soziale Probleme, sodass die negativen Folgen ein Leben lang anhalten können.

 

Betrachtet man die Langzeitkonsequenzen von emotionalem Missbrauch, physischem Missbrauch und Vernachlässigung, zeigt sich, dass alle Missbrauchsformen die Wahrscheinlichkeit für psychische Erkrankungen erhöhen (Norman et al. 2012: The long-term health consequences of child physical abuse, emotional abuse, and neglect: A systematic review and meta-analysis). Eine emotionale Misshandlung ist z.B. ein Prädiktor für Schizotypie (Goodall et al. 2015: Attachment as a partial mediator of the relationship between emotional abuse and schizotypy).

 

Erhöht ist auch das Auftreten weitere Problemlagen wie z.B. kriminelles Verhalten. Es konnte gezeigt werden, dass sich hirnorganische Veränderungen finden bei Menschen, die in ihrer Kindheit Opfer von psychischer Misshandlung wurden (van Harmelen et al. 2010: Reduced medial prefrontal cortex volume in adults reporting childhood emotional maltreatment).

 

Die psychische Misshandlung gilt als ein sehr starker Prädiktor für psychische und Verhaltensprobleme im weiteren Entwicklungsverlauf (Cicchetti, D., Toth, S. L. & Maughan, A. 2000: An ecological-transactional model of child maltreatment). Als gesichert gilt ein Zusammenhang mit Depression und Angststörungen (Bifulco 2002: Exploring psychological abuse in childhood). Eine psychische Misshandlung ist ein noch größeren Prädiktor für das Auftreten von ungünstigen Entwicklung als eine physische Misshandlung und sexueller Missbrauch (Crow et al. 2014: Emotion dysregulation as a mediator between childhood emotional abuse and current depression in a low-income African-American sample) (Iffland et al. 2012: Emotional but not physical maltreatment is independently related to psychopathology) (Lee 2015: Emotional abuse in childhood and suicidality: The mediating roles of re-victimization and depressive symptoms in adulthood) (Shapero et al. 2014: Stressful life events and depression symptoms: The effect of childhood emotional abuse on stress reactivity)


Häufigkeit (Prävalenz)


"Jeden Tag werden 10 Kinder in Deutschland krankenhausreif geschlagen"


Diese Zahl der Kriminalstatistik bildet das sogenannte Hellfeld. "Alle Experten sind sich darüber einig, dass von einer erheblichen Dunkelziffer (insbesondere betreffend sexuellen Missbrauch) auszugehen ist" (Brinkmann, Madea, 2003: Handbuch gerichtliche Medizin, Band 1). Auf jeden erfassten Fall kommen schätzungsweise fünf bis fünfzig mehr Fälle.

 

Eine repräsentative Untersuchung (Witt et al. 2017) kommt zu dem Ergebnis, dass Vernachlässigung und Missbrauch von Kindern in Deutschland weit verbreitet sind. Untersucht wurden 2510 Studienteilnehmer im Alter von 14 bis 94 Jahren, die gebeten wurden, in einem Fragebogen Angaben über ihre Kindheit und Jugend zu machen. Demnach sind Kinder und Jugendliche in Deutschland in dieser Häufigkeit betroffen:

  1. Körperliche Vernachlässigung: Schwer betroffen 9%. Insgesamt betroffen 41,8%.
  2. Emotionale Vernachlässigung: Schwer betroffen 7,1%. Insgesamt betroffen 40,5%.
  3. Emotionale / Psychische Misshandlung: Schwer betroffen 2.6%. Insgesamt betroffen 18,7%.
  4. Körperliche Misshandlung: Schwer betroffen 3,3%. Insgesamt betroffen 12,5%.
  5. Sexueller Missbrauch: Schwer betroffen 2,3%. Insgesamt betroffen 13,9%.

Detail: Die Auswertung nach Alterskohorten zeigt, dass vor allem ältere Studienteilnehmer (> 65 Jahre) eine körperliche Vernachlässigung in der Kindheit angeben.

 

Beispiel für eine Schlussfolgerung aus der repräsentativen Studie: Im Planungsraum Eisenhüttenstadt sind von den insgesamt ca. 5.000 Kindern und Jugendlichen und Jugendliche ca. 2.000 von emotionaler Vernachlässigung betroffen.

 

(PDF) Aktuelle Prävalenzzahlen zu Kindesmisshandlung in Deutschland auf www.kinderschutzhotline.de

 

(PDF) Child maltreatment in Germany: prevalence rates in the general population


"Jeden dritten Tag stirbt ein Kind in Deutschland an den Folgen seiner Misshandlung"


Häufigkeit laut Landkreis Oder-Spree

Der Kinderschutzbericht des Landkreises Oder-Spree besagt, dass dem Jugendamt 1133 Mal eine Kindeswohlgefährdung gemeldet wurde im Jahr 2017. Dabei hat das Jugendamt in den meisten Fällen "weder eine Gefährdung noch ein[en] Hilfebedarf festgestellt" (51,8%). Leider werden die Begriffe Gefährdung und Hilfebedarf in diesem Kinderschutzbericht nicht definiert.

 

In 17,1% der Fälle "wurde keine tatsächliche Gefährdung festgestellt", aber ein Hilfebedarf. Leider finden sich im Bericht des Landkreises keine Definition des Begriffes  "Hilfebedarf", denn es ist nicht plausibel wenn die Definition nach §27 SGB VIII angewendet wird, nach welcher ein Hilfebedarf vorliegt, wenn eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist.

 

In 22% der Fälle lag eine "latente Kindeswohlgefährdung" vor. Davon ist laut dem Jugendamt auszugehen, wenn bei der Weiterentwicklung der bestehenden Verhältnisse und Risikofaktoren der Familie mit ziemlicher Sicherheit eine erhebliche Schädigung beim Kind eintritt und das Wohl des Kindes beeinträchtigt wird. [Hinweis: Der Begriff "latente Kindeswohlgefährdung sollte nicht verwendet werden, da er "verschleiert, statt für Klarheit zu sorgen" (Münder, Meysen, Trenczek: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 8. Auflage, 2019, S. 122, Rn. 15)].

 

Nur in 3,1% der gemeldeten Fälle lag nach Einschätzung des Jugendamtes eine "akute Gefahr" vor, in nur 5,6% eine "akute Gefährdungslage".

 

Der Kinderschutzbericht zeigt, dass Meldungen nur sehr selten von Ärzten stammen. Psychotherapeut*innen sind noch nicht einmal erwähnt. Die meisten Meldungen stammen von der Polizei.


Kooperation und Information im Kinderschutz

Wenn es erkennbare Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung gibt, sollen nach dem Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz Ärzte, Psychotherapeuten, Lehrer weitere Berufsgruppen...

  1. ... mit den Eltern und dem Kind die Situation ausführlich besprechen...
  2. ... den Eltern empfehlen, erforderliche Hilfe in Anspruch zu nehmen...

...es sei denn, der Schutz des Kindes ist durch dieses Vorgehen in Frage gestellt, also gefährdet, ungewiss oder unsicher.

 

Wenn dieses Vorgehen ausscheidet oder erfolglos ist für die Abwendung der Gefährdung und Schutzmaßnahmen durch das Jugendamt erforderlich sein sollten: Dann darf der Arzt, Psychotherapeut, Lehrer usw. das Jugendamt informieren. Die Eltern müssen vorher informiert werden, es sei denn, der Schutz des Kindes wird dadurch in Frage gestellt (der Schutz des Kindes wird dadurch gefährdet, ungewiss oder unsicher).


Besprechung mit den Eltern

Grundsätzlich gilt natürlich, dass Psychotherapeuten, Ärzte, Lehrer, das Jugendamt usw. kooperativ mit den Eltern zusammenarbeiten sollen. Erörtert werden u.a. diese Fragen:

  • Inwieweit ist das Kindeswohl gewährleistet oder gefährdet?
  • Was ist die Sicht der Eltern dazu? 
  • Stimmen die Eltern und der Arzt / Psychotherapeut / Lehrer usw. bezüglich den Problemen über das Kindeswohl überein?
  • Sind die Eltern bereit, Hilfsangebote zu nutzen?

Beratung durch eine Kinderschutzfachkraft

Jeder, der beruflich mit Kindern und Jugendlichen arbeitet (z.B. Erzieher*innen, Lehrer*innen, Trainer*innen im Sportverein usw.) hat Anspruch auf eine Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft wenn Fragen oder Zweifel bestehen, ob ein Kind oder ein Jugendlicher möglicherweise gefährdet ist (§8b SGB VIII) (§4 KKG). Der Landkreis Oder-Spree hat eine Liste der insoweit erfahrenen Fachkräfte veröffentlicht.


Schulgesetz in Brandenburg

"Die Schule ist zum Schutz der seelischen und körperlichen Unversehrtheit, der geistigen Freiheit und der Entfaltungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler verpflichtet. Die Sorge für das Wohl der Schülerinnen und Schüler erfordert es auch, jedem Anhaltspunkt für Vernachlässigung oder Misshandlung nachzugehen" (§4 Abs. 3 BbgSchulG)


Das Familiengericht

Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, diese Gefahr abzuwenden, muss das Familiengericht Schutzmaßnahmen treffen (§1666 BGB).

 

Wenn das Jugendamt zum Ergebnis kommt, dass eine Entscheidung des Familiengerichts notwendig ist, muss es das Gericht informieren (§8a Abs. 2 SGB VIII). Dem Jugendamt steht ein Beurteilungsspielraum zu, wann es eine Entscheidung des Familiengerichts für notwendig hält.

 

Das Gericht trifft dann auf rechtlicher Grundlage eine Entscheidung zum Kindeswohl.


Probleme beim Kinderschutz

Michael Tsokos und Saskia Etzold (geb. Guddat) vom Institut für Rechtsmedizin der Charité Berlin veröffentlichten 2014 das Debattenbuch "Deutschland misshandelt seine Kinder".

 

Die Autoren kritisieren darin das deutsche Kinderschutzsystem und die Akteure, die Kinder schützen sollten. Die Akteure sind  Jugendamtsmitarbeiter, Mitarbeiter der freien Träger der Jugendhilfe, Sozialpädagogen in Erziehungsberatungsstellen, Familienhelfer, Familienrichter, Ärzte, Psychotherapeuten usw. Bedauert wird, dass es bundesweit bei Jugendhilfen und Jugendämtern keine einheitlichen Qualitätsstandards gibt.

 

Es habe nach der Buchveröffentlichung sehr viele Zuschriften von Betroffenen gegeben, berichtet Gunnar Schupelius, Kolumnist der in Berlin erscheinenden Zeitung B.Z. Diese Berichte handeln "von Ärzten, Richtern und Jugendämtern, die durch falsche und unqualifizierte Entscheidungen" das Leid der Opfer vergrößert haben. Er kritisiert, dass auch "ein ganzes Heer von Psychologen, Therapeuten, Sozialarbeitern, Juristen, Ärzten und Betreuern", die sich in einigen Fällen um ein Kinder kümmern, nicht der Garant dafür sind, dass nach dem Wohl des Kindes entschieden wird. Auffallend sei auch "eine regelrechte Rückführungsideologie", nachdem ein Kind sich bei einer Pflegefamilie oder in einer Einrichtung eingelebt hat.

 

Auch die "Qualität familienrechtspsychologischer Gutachten" (Prof. Dr. Christel Salewski, Prof. Dr. Stefan Stürmer) wurde 2015 einer empirischen Studie unterzogen. Es zeigte sich, dass die meisten psychologischen Gutachten am Familiengericht eine so geringe Qualität hatten, dass sie "für eine gerichtliche Entscheidungsfindung daher keine Berücksichtigung finden" dürften. Mittlerweile wurden Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht veröffentlicht. 


Weiterführende Links

Deutscher Kinderverein e.V.: Der Verein möchte bundesweit als kompetente Leitstimme agieren und als Impulsgeber die Aufgabe als Kinderlobbyist gegen Kindesmisshandlung wahrnehmen. Sehr empfehlenswert: Die interaktive Graphik zum Soll-Zustand und Ist-Zustand des Kinderschutzes in Deutschland. www.deutscher-kinderverein.de

 

Veranstaltung des Bildungsforums Berlin (Konrad-Adenauer-Stiftung): "Wir wollen die Öffentlichkeit über das Phänomen von Kindesmisshandlungen aufklären"

 

Stellungnahme des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), 2016: Trotz vieler Anstrengungen existiert in Deutschland ein ungelöster Skandal: Gewalt gegen Kinder.

 

Fachstelle Kinderschutz im Land Brandenburg (Start gemeinnützige Beratungsgesellschaft mbH): Unterstützung für Jugendämter und deren Partner

 

Broschüre "Kindeswohlgefährdung" vom Kinderschutz-Zentrum-Berlin

 

Kinderschutzbericht Landkreis-Oder-Spree (Berichtszeitraum 2014 bis 2017).

 

Bericht der regionalen Tageszeitung "MOZ" über den Tod eines Jugendlichen und Stellungnahme des Landrates des Landkreises Oder-Spree


Fachliteratur

Bürgerliches Gesetzbuch: Palandt, 79. Auflage, 2020.

 

Familienrechtspsychologie. H. Dettenborn, E. Walter, 2016.

 

Empirische Grundlagen der familienrechtlichen Begutachtung. R. Volbert, A. Huber, A. Jacob, A. Kannegießer, 2019.

 

Kindesmisshandlung und Vernachlässigung. Ein Handbuch. G. Deegener & W. Körner, 2005.

 

Handbuch Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB und Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD). Herausgeber: Deutsches Jugendinstitut

 

Anforderungen an familienrechtspsychologische Gutachten bei Kindeswohlgefährdungen nach § 1666 BGB. Balloff, R. & Walter, E. 2015.

 

Handbuch Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD): Merchel, 3. Auflage, 2019. 

 

Handbuch der Hilfen zur Erziehung: Macsenaere, Esser, Knab, Hiller, 1. Auflage, 2014.

 

Sozialgesetzbuch VIII. Kinder- und Jugendhilfe. Lehr- und Praxiskommentar: Kunkel, Kepert, Pattar, 7. Auflage, 2018.

 

Frankfurter Kommentar SGB VIII. Kinder- und Jugendhilfe: Münder, Meysen, Trenczek. 8. Auflage, 2019.


Ombudsstelle

BOJE - Beratungs- und Ombudsstelle Kinder- und Jugendhilfe Brandenburg e. V.:  BOJE ist die landesweit tätige Beratungs- und Ombudsstelle für Kinder- und Jugendhilfe im Bundesland Brandenburg. Allen jungen Menschen und ihren Familien oder Pflegefamilien wird Hilfe bei Problemen mit dem Jugendamt angeboten. www.boje-brandenburg.de


Zuständige Behörden

Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Abteilung 2 (Kinder, Jugend, Sport und Weiterbildung): Volker-Gerd Westphal. Heinrich-Mann-Allee 107, 14473 Potsdam. Telefon: 0331-866-0. E-Mail: poststelle@mbjs.brandenburg.de mbjs.brandenburg.de

 

Landkreis Oder-Spree (Landrat: Rolf Lindemann), Dezernat I, Jugendamt: Philipp Lampert (Amtsleiter). Breitscheidstraße 7, 15848 Beeskow. Telefon: 03366-35-2511 www.landkreis-oder-spree.de

 

Jugendhilfeausschuss Landkreis Oder-Spree www.landkreis-oder-spree.de und web.landkreis-oder-spree.de

 

Landtag Brandenburg: Gemäß Artikel 24 der Verfassung des Landes Brandenburg hat jeder das Recht, sich mit Anregungen oder Kritik an den Petitionsausschuss des Landtages zu wenden: landtag.brandenburg.de


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